Grenchen - Veracruz - Die Reiseseite von Doris und Herbie

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Grenchen - Veracruz

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Grenchen – Veracruz 29.05.2021 – 01.07.2021
 
 
Nach mehr als einem Jahr ist es soweit, wir lassen unseren Camper von Argentinien nach Mexiko verschiffen. Die "Torrens" liegt aktuell am Hafen von Zarate und wir hoffen, dass die Verschiffung in unserer Abwesenheit klappt. Wir fliegen morgen Samstag, 29.5. mit der Edelweiss nach Cancun, wo wir zunächst ein paar Tage Ferien machen. Dafür haben wir uns ein Studio in Playa del Carmen gemietet. Sobald wir einen einigermassen verlässlichen Fahrplan des Frachters haben, werden wir von Cancun nach Veracruz fliegen um dort unseren Camper in Empfang zu nehmen. Die Ankunft des Frachters ist aktuell für den 20. Juni geplant. Wir sind sehr gespannt und werden wieder berichten, wie es uns ergangen ist.
 
Der Flug mit Edelweiss verläuft ganz ruhig und entspannt. Die Einreise in Mexiko kann unkomplizierter nicht sein. Der unbedingt erforderliche Covid-19 Fragebogen und auch unser Gepäck interessiert niemanden. Wir fahren mit einem überteuerten Taxi ins nahe gelegene Comfort Inn und gönnen uns endlich eine Mütze voller Schlaf. Das Hotel bietet nichts, aber zum Schlafen reicht es. Am folgenden Morgen buchen wir erneut ein überteuertes Taxi und lassen uns nach Playa del Carmen fahren. Es ist sehr heiss, und wir sind froh, in dieser angenehmen Oase im Zentrum der Touristenhochburg ein Studio zu beziehen, welches so ziemlich alles bietet, was wir für die kommenden zweieinhalb Wochen brauchen. Glücklicherweise haben wir ein brandneues Pfannenset im Gepäck! Die eine vorhandene Pfanne wäre nicht zu gebrauchen gewesen, die eine elektrische Herdplatte hat ihre besten Tage schon lange hinter sich, aber sie funktioniert. Der Mikrowellenofen liefert Tee, ok, erst nach 10 Minuten, aber Zeit haben wir ja.
 
Die Quinta, DIE Touristenstrasse in Playa del Carmen ist verkehrsfrei und sehr gemütlich zum Flanieren. Es gibt OXXO’s, 7/11’s und Cafés. Darüber hinaus natürlich Massageangebote, Souvenirshops, Tequila-Tastings, Touranbieter und vieles mehr.
 
Um der Hitze zu entkommen stehen wir sehr früh (6:30) auf und marschieren zusammen mit vielen anderen sportlichen Menschen die Quinta rauf und runter. Nach der sportlichen Betätigung (knapp 10 Km) gönnen wir uns einen ersten Espresso im AhCacao, kaufen ein Baguette im la Brioche und frühstücken «zu Hause» in einem gut klimatisierten Ambiente.
 
Wir leben uns rasch ein, und richten uns auf ruhige Tage ein. Endlich erhalten wir von Seabridge die Bestätigung, dass unser Camper in Zarate auch wirklich eingeladen worden ist.
 
Nun können wir auch den Inlandflug nach Veracruz und die Unterkunft buchen. Die «Torrens» ist mehr oder weniger planmässig unterwegs und wir entscheiden uns für einen Flug am 16. Juni am Abend mit Viva Aerobus.
 
Auf der Suche nach einer Fahrzeughaftpflichtversicherung finden wir nur zwei Strassen weiter ein Büro der Qualitas. Die Damen sind sehr freundlich und hilfsbereit und wir können eine Versicherung für ein Jahr abschliessen.
 
Seit ein paar Tagen wiederholen wir unseren Morgenspaziergang bis zum Ende der Quinta auch am Abend. So marschieren wir täglich unsere 15 – 20 Kilometer, inklusive den Gang zu Soriana, wo wir uns für einfache, aber gute Menüs täglich eindecken können.
 
Die Zeit vergeht wie im Flug, und wir müssen uns bereits um den Transport zum Flughafen in Cancun kümmern. Wir entscheiden uns für einen privaten Transport, da wir immer noch unsere grossen und schweren Koffer bei uns haben.
 
Die letzten Tage hier versprechen gemäss Wetterbericht wenig Sonnenschein. So präsentiert sich auch der heutige Sonntag grau in grau und im Dauerregen.
 
Die Tage in Playa del Carmen bleiben tatsächlich regnerisch. Am Abflugtag ergiessen sich regelrechte Wolkenbrüche über den Ort. Mit etwas Glück schaffen wir es trockenen Fusses vom AhCacao zurück ins Hotel, wo uns unser Fahrer zum Flughafen erwartet. Die Abwicklung am Flughafen klappt grösstenteils problemlos. Einer unserer Koffer erleidet auf dem Weg zur Gepäckabgabe einen Achsbruch. Der Grund dafür zeigt sich auf der Waage. 28.8 kg. Wir müssen umpacken. Schlussendlich schaffen wir zweimal knapp unter 26 kg und werden ohne Zusatzkosten eingecheckt. Viva Aerobus fliegt uns trotz einigen Turbulenzen sicher nach Veracruz. Ein rasender (also normaler) Taxifahrer bringt uns spät abends zum Hotel und Suites Angeles, wo wir ein Studio mit Blick auf die vielbefahrende Avenida 1er Mayo beziehen. Mangels Isolation ist es sehr laut und wir fragen am Morgen nach einem anderen Zimmer mit Blick auf den Pool, wie wir es uns unterdessen schon gewöhnt sind. Wir dürfen in den 4. Stock umziehen und richten uns wohnlich ein. Da das neue Zimmer weder Geschirr noch Pfannen hat, zügeln wir die Sachen vom alten Zimmer gleich mit. Das Hotel ist gut gelegen. Wir haben einen kleinen Laden gleich nebenan, einen kurzen Fussmarsch zum Chedraui (relativ gut sortierter Supermarkt), ein paar Schritte zum Meer und zirka zwei Kilometer zum Hafen und zum Zocalo, dem Hauptplatz in der Altstadt. Etwas weiter ist es zu den sehr gut sortieren Soriana und Walmart, doch dies schaffen wir entlang der Küstenstrasse am frühen Morgen ohne Probleme. Etwas schwieriger wird es mit den Cafés.
 
Ein unerwarteter Anblick aus dem Fenster bietet sich uns heute Morgen. Es ist relativ klar und wir entdecken einen Vulkan, den 5636 m hohen Pico de Orizaba am Horizont. Wer hätte gedacht, dass wir von hier aus bei 35° Schnee sehen können!
 
Unser Agent teilt uns mit, dass unser Schiff zwar am 20.6.2021 in Veracruz erwartet wird, wir aber durchaus mit 7 Werktagen rechnen müssen, bis wir unseren Camper in Empfang nehmen können. Das heisst, wir verlängern unsere Buchung im Angeles und bereiten uns auch mental auf eine Geduldsprobe vor.
 
Auf der Shipfinder App sehen wir, dass die Torrens am späten Sonntagabend 20.6.2021 im Hafen von Veracruz festgemacht hat. Am frühen Montagmorgen marschieren wir schnurstracks zum Hafen um den Frachter zu fotografieren. Die Enttäuschung ist gross, die Torrens hat bereits abgelegt. Das heisst aber gleichzeitig auch, dass der Camper ab sofort in Veracruz im Hafen steht. Nachdem wir bis am Mittag weder vom Agenten in Mexiko DF noch vom Zollagenten im Veracruz etwas hören, packen wir alle Dokumente zusammen und machen uns auf den Weg zur Agentur in der Innenstadt. Wir stellen uns vor, und Servando findet sogar unsere Unterlagen. Er möchte uns erklären, dass man zuerst noch auf eine Revalidierung der Bill of Lading von der Reederei warten müsse, bis man den Auslösungsprozess starten könne. Glücklicherweise scheint Servandos «Boss» etwas flexibler zu sein und geschäftiges Treiben setzt ein. Wir werden in einen Pickup verfrachtet und zusammen mit einem Agenten-Lehrling am «Banjercito» ausgeladen. Hier müssen wir die Formalitäten für unsere 10-Jahres-Aufenthaltsbewilligung für den Camper machen lassen. Vor dem Gebäude sind zwei Partyzelte aufgebaut. Der Eingang zu der Bank wird von schwerbewaffneten «Marines» bewacht. Wir reihen uns maskiert unter dem Schattendach ein und warten. Die Bank schliesst um 15 Uhr. Es ist jetzt 13:30 Uhr. Kurz vor 15 Uhr öffnet sich die Tür und alle, ausser wir dürfen eintreten. Die Begründung ist unklar. Kurz nach 15 Uhr erscheint eine elegant gekleidete Dame und möchte wissen, ob wir die Gebühr von USD 59.75 in Cash oder mit Kreditkarte zahlen möchten. Sie versichert uns, dass es nur noch ein paar Minutitos gehen würde, bis wir auch an der Reihe sind. Eine halbe Stunde später werden wir eingelassen und dürfen hinter der Plexiglasscheibe der erwähnten Dame Platz nehmen. Berge von Papier werden von links nach rechts verschoben. Herbies Pass, seine Touristenkarte und der Fahrzeugausweis verschwinden unter Papier und tauchen irgendwann auf wundersame Weise wieder an der Oberfläche auf. Dokumente werden unterschrieben, zusammengeheftet und verstaut, die Dame, immer mit einem Auge ihr privates Handy im Blick wirkt sehr geschäftig. Im ganzen Schalterraume läuten Telefone unaufhörlich. Nach einer weiteren Stunde haben wir es geschafft. Wir haben für unseren Camper eine Aufenthaltsbewilligung für 10 Jahre in Mexiko.
 
Zurück bei der Zollagentur begeht Servando den kapitalen Fehler, uns seine WhatsApp Nummer zu verraten. Natürlich möchten wir nun so rasch als möglich unseren Camper aus diesem Hafen heraushaben. Intern wurde schon lange entschieden, dass dies am Freitag oder Samstag stattfinden wird. Doch wir haben die naive Idee, dies irgendwie beschleunigen zu können. So erhält Servando in regelmässigen Abstanden per WhatsApp unsere Fragen und Anregungen und ist genötigt, uns zu antworten, passieren tut jedoch vorerst nichts. Am Mittwoch gegen Abend wird es wieder hektisch. Die Zollinspektion ist für Donnerstagvormittag eingeplant. Wir bestehen darauf, bei dieser Inspektion dabei zu sein. Wir vertrauen zwar dem Hund, doch bei den Behörden sind wir skeptisch. Der Zugang auf das Hafengelände wird uns wegen Corona verwehrt. Gegen dieses Argument sind selbstverständlich alle machtlos. Widerwillig bringen wir also unseren letzten Kabinenschlüssel zur Zollagentur und übergeben diesen unter Protest an Servando. Dieser beteuert feierlich, ihn mit seinem Leben zu beschützen. Wir finden, das ist das mindeste was er tun kann. Zu diesem Zeitpunkt weiss noch niemand, dass wir irrtümlich den Schlüssel zu Ruffinistrasse 2 in Grenchen anstelle des Kabinenschlüssels abgegeben haben. Am Donnerstagmorgen sendet uns Servando Fotos vom Camper, die Tür zur Wohnkabine ist geöffnet, der Hund macht seine Arbeit, und 15 Minuten später ist der Zirkus vorbei. Nun geht es noch darum, die Freigabe mittels eines Stempels auf ein Papier amtlich zu machen. Das dauert jedoch bis Freitagnachmittag. Dass die Starterbatterie nicht mehr funktioniert wissen wir in der Zwischenzeit. Am späten Freitagnachmittag erhalten wir die Mitteilung, dass der Fahrer in 40 Minuten bei der Zollagentur erwartet wird. Wir eilen sofort los. Eigentlich war abgemacht, dass wir den Camper am Hafeneingang übernehmen, da offenbar niemand für Schäden/Unfälle etc. zwischen Hafeneingang und Zollagentur übernehmen möchte. Ja haben Sie denn keine Versicherung, wurden wir vom Agenten gefragt. Natürlich haben wir eine Versicherung. Aber sicher nicht für eine Strecke, die wir nicht selber fahren. Servando stellt auf einmal komische Fragen betreffend 4WD, und man hätte dies zuschalten müssen um überhaupt fahren zu können. Irgendwie klingt das komisch, denn unser Camper hat Permanent 4 WD. Da gibt es nichts zum Zuschalten, ausser den Kriechgang. Wir informieren Servando entsprechend und sagen ihm, falls der Fahrer damit den Kriechgang meint, und er so 13 Kilometer auf der Autobahn zurück in die Stadt fährt, er den Wagen zerstören würde. Offenbar hatte der Fahrer aber irgendwo im Internet ein Manual gefunden und so in Erfahrung bringen können, wie man unser Fahrzeug fahren muss. Es geht alles gut, aber aus den 40 Minuten werden gute drei Stunden. Am späten Freitagabend, nach Einbruch der Dunkelheit müssen wir den Zustand überprüfen den Camper in Empfang nehmen.
 
Äusserlich ist, abgesehen von den toten Batterien alles in Ordnung. Im Inneren herrscht eine Unordnung, welche wir auf die beiden Zollinspektionen zurückführten. Also bestätigen wir den Empfang und fahren zurück ins Hotel. Glücklicherweise können wir trotz 3-Meter Höhenbeschränkung auf den gesicherten Parkplatz fahren.
 
Am kommenden Morgen, bei Tageslicht sieht alles ein bisschen anders aus. Wir vermuten an Bord, irgendwann zwischen Zarate und Veracruz, wurde unser Camper Opfer eines Einbruchdiebstahls. Spuren von Brecheisen am Durchstieg, ein abgefallener Griff der Dachluke, ein kaputter Tisch direkt unter der Dachluke, Dreck, Fussspuren auf den Sitzbankpolstern, Abdrücke von schmutzigen Händen auf dem Bett, durchwühlte Kleiderschränke und ein fast leeres Fahreraus lassen nichts Gutes erahnen.
 
Für Versicherungszwecke dokumentieren und fotografieren wir so gut als möglich.
 
Der Schaden ist beträchtlich. Der Camper ist in einem himmeltraurigen Zustand.
 
Es fehlen sämtliche Werkzeuge, es fehlen praktisch alle Schuhe, es fehlt praktisch die gesamte Bekleidung von Herbie, es fehlen Messer, Stirnlampen, Ladekabel, Wasserfilter, und es fehlt die Nespresso Kaffeemaschine mit sämtlichen Kapseln, der Wein und schlichtweg alles, was irgendeinen Wert hat, sei dies zum Eigengebrauch oder zum Verkauf.
 
Glücklicherweise hat die Mannschaft von Chris in Argentinien einen wirklich tollen Job gemacht. Bei der Vorbereitung des Fahrzeugs für die Verschiffung haben sie das ganze Bargeld und alle elektronischen Geräte wie GPS, Tablet und Fotoausrüstung so gut in einem Hohlraum versteckt, dass zumindest all dies erhalten geblieben ist.
 
Wir haben nun in drei Tagen bei unerträglich heissen Temperaturen im Schweisse unseres Angesichts die Schäden so gut als möglich behoben, den Dreck entfernt und die Unordnung beseitigt. Im Sodimac haben wir das Nötigste an Werkzeugen ersetzen können. Im Hotel Angeles werden wir vom Personal ganz toll unterstützt.
 
Am Montagabend haben wir die frischgewaschene Bett- und Frottierwäsche von der Wäscherei zurückerhalten und nun sieht alles schon wieder sehr wohnlich aus.
 
Der letzte Tag in Veracruz ist eingeplant für die Beschaffung der beiden neuen Starterbatterien. Dies erweist sich dann auch ein bisschen als eine Odyssee, aber am Ende des Tages ist alles geschafft und es reicht noch für eine Abkühlung im Pool.
 
Der Abreisetag bricht an. Bis alles verstaut ist, die alten Batterien zurückgebracht, Kaffee getrunken und eingekauft ist wird es 15 Uhr, bis wir losfahren. Es sind nur ca. 120 km grösstenteils Autobahn geplant, somit haben wir noch keinen Stress.
 
Heftige Gewitter und wolkenbruchartige Regenfälle verwandeln die letzten Kilometer zum ersten Übernachtungsplatz in Bäche. Unser Fahrzeug ist zu hoch für das letzte Brücklein zum Platz und wir kommen zu einer ersten Flussdurchquerung. Da das Wasser braun ist, und wir den Grund nicht sehen, bleibt uns nichts Anderes übrig als zuerst durchzuwaten.
 
Am Ende stehen wir Mitten im Dschungel und ganz allein auf dem kleinen Platz.
 
Die Reise geht weiter.
 
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